Widerrufrecht endet am 21. Juni 2016!
Wenn Banken Fehler machen, hat das meist gravierende Folgen. Doch diesmal profitiert der Kunde: Millionen Bau- und Immobilienkredite, die zwischen 2002 und 2010 vergeben wurden, sind angreifbar aufgrund ungültiger Widerrufsbelehrungen. Wer jetzt schnell handelt, hat gute Chancen, tausende Euro an Zinsen zu sparen. Doch Eile ist geboten, denn der „Widerrufsjoker“ sticht nur noch bis 21. Juni 2016.
Wenn Sie aus einem teuren Kredit für Haus- oder Eigentumswohnung aussteigen wollen, um sich über eine Anschlussfinanzierung günstigere Zinsen zu sichern, sollten Sie Ihren Kreditvertrag durch einen spezialisierten Rechtsanwalt prüfen lassen. Wurde der Vertrag nach dem 1. November 2002 abgeschlossen, haben Sie gute Aussichten, denn bei etwa 80 Prozent der zwischen 2002 und 2010 abgeschlossenen Immobilienkreditverträge ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft. Zu diesem Ergebnis kamen Verbraucherzentralen und Anwälte bei der Prüfung von etwa 50.000 Verträgen. Häufig enthalten die Klauseln unklare oder missverständliche Aussagen und verstoßen damit gegen das Deutlichkeitsgebot. (Beispiele finden Sie in Finanztest 7/2014 oder auf www.finanzwacht.de.) „Viele Anwälte bieten eine kostenlose Überprüfung des Vertrages an. Bei uns gehen derzeit jede Woche ca. 500 Anfragen ein“, so Rechtsanwalt Philipp J. Caba vom „Forum Finanzwacht“ in Berlin. „Von zehn überprüften Verträgen sind acht fehlerhaft und fünf gravierend falsch. Und dann lohnt es sich, zu prozessieren“, meint Caba, „denn die Zinsersparnis bei einer Umschuldung kann bedeutend sein, wenn man bedenkt, dass 2008 noch vier bis sechs Prozent für einen Immobilienkredit gezahlt wurden und der marktübliche Zins heute unter zwei Prozent liegt.“ Wenn Sie also noch 100.000 Euro tilgen müssen und monatlich 700 Euro Rate zahlen, beträgt ihre Restschuld bei einem Zinssatz von 4,5 Prozent nach fünf Jahren gut 78.000 Euro. Bei einem Zinssatz von 2,5 Prozent bleibt eine Restschuld von 69.000 Euro. Sie hätten also 9.000 Euro gespart. Da die Eintragungen im Grundbuch geändert werden müssen, fallen bei der Umschuldung allerdings auch Kosten an. Diese entsprechen etwa 0,3 Prozent der Kreditsumme.
Bank muss Nutzungsersatz leisten Darüber hinaus kann der Kreditnehmer Nutzungsersatz für alle bezahlten Darlehensraten verlangen. Das heißt: Die Bank muss herausgeben, was sie mit der Ratenzahlung erwirtschaftet hat. Je nach zuständigem Gericht werden 2,5 bis 5 Prozentpunkte auf den Basiszins aufgeschlagen. „Und das ist noch nicht alles, denn auch der Tilgungsanteil wird mitverzinst“, erklärt der Rechtsanwalt. Lohnend ist ein Widerruf auch dann, wenn Sie Ihre Immobilie vor Ablauf der Zinsbindung verkaufen wollen: Im Erfolgsfall entfällt die, meist beträchtliche, Vorfälligkeitsentschädigung. Diese können Sie übrigens auch zurückfordern, wenn das Darlehen bereits abgezahlt wurde. Rechtsanwalt Cabas Erfahrung nach wehren sich die Banken zunächst, „doch mit einem Rechtschutz im Rücken ist es meist unproblematisch, zumindest einen guten Vergleich auszuhandeln. Oft bieten die Banken ihren Kunden auch bessere Konditionen an, um sie zu halten“, so der Anwalt. Sein Tipp: Der konsultierte Anwalt sollte sich im Banken- und Kapitalmarktrecht auskennen, denn das Prozessrisiko steigt, wenn der Kunde nicht nur aus dem Vertrag aussteigen will, sondern darüber hinaus auf dessen Rückabwicklung besteht. In diesem Falle ist natürlich auch der Kunde in der Pflicht. Er muss zumindest den noch nicht getilgten Anteil innerhalb von 30 Tagen erstatten. Widerrufen Sie Ihren Vertrag also erst, wenn die Anschlussfinanzierung gesichert ist! Der Widerruf ist bis spätestens 21. Juni 2016 auch per Fax oder E-Mail möglich. Mustertexte finden Sie bei finanztest.de unter www.test.de. Mit Hilfe des Finanztest-Rechners (www.test. de/Baudarlehen-Kredit-und-Tilgungsrechner-1159351-0/) können Sie prüfen, ob ein Widerruf sich für Sie lohnt.
Quellen: Finanztest 7/2014 (Stiftung Warentest), BGB, finanzwacht.de, verbraucherzentrale.de, finanztipp.de, focus.de