Grundstückseigentümer haftet für Brandschaden am Nachbarhaus
Für Aufsehen und Diskussionen hat ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im Februar diesen Jahres gesorgt: Ein Grundstückseigentümer, der einen Handwerker mit einer Reparatur beauftragte, muss für Schäden haften, die dieser am Nachbargebäude verursachte, so entschied der BGH. Wie kann sich ein Grundstückseigentümer vor einer derart weit reichenden Verantwortung schützen?
Ein Ehepaar aus Sachsen-Anhalt hatte einen Handwerker damit beauftragt, das Dach seines Hauses zu reparieren. Bei Heißkleberarbeiten verursachte der Dachdeckergeselle ein Glutnest unter den aufgeschweißten Bahnen des Flachdachs, das sich bis zum Abend zum Schwelbrand entwickelte. Das reparierte Haus brannte vollständig nieder.
Durch das Feuer und die (vergeblichen) Löscharbeiten wurde auch das unmittelbar angrenzende Nachbarhaus beschädigt. Die Versicherung des Nachbarn übernahm den Schaden und forderte den Betrag in Höhe von knapp 98.000 Euro dann von den Erben des mittlerweile verstorbenen Eigentümer-Ehepaars zurück. Beim Handwerker war nichts mehr zu holen: Der hatte inzwischen Insolvenz angemeldet.
„Sorgfaltspflichten erfüllt“
Die Gerichte der Vorinstanzen hatten die Forderung der Versicherung gegen die Erben abgewiesen mit der Begründung, dass die Auftraggeber mit der Auswahl eines Fachhandwerkers ihre Sorgfaltspflichten erfüllt und deshalb keine Schuld an dem Feuer hätten. Außerdem habe der Handwerker grob fahrlässig gehandelt, urteilte das Landgericht Magdeburg.
Dem BGH zufolge spielt dies keine Rolle. Entscheidend sei vielmehr der Anspruch auf einen nachbarrechtlichen Ausgleich nach Paragraf 906 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Dieser gewährt dem Eigentümer eines Grundstücks einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch gegen den Besitzer des anderen Grundstücks, wenn von dort eine Immission ausgeht, die der geschädigte Eigentümer nicht unterbinden kann. Genauer gesagt: Der Brand, der auf das fremde Grundstück übergegriffen habe, sei eine rechtswidrige Einwirkung auf das Nachbargrundstück, die der betroffene Nachbar nicht erkennen und daher nicht habe abwehren können.
„Potenzielle Gefahrenquelle geschaffen“
Die Beeinträchtigung muss dabei „zumindest mittelbar“ auf den Willen des Eigentümers bzw. Besitzers zurückgehen. Der Wille ist in diesem Fall der Auftrag zur Dachreparatur an den Handwerker, damit sei eine potenzielle Gefahrenquelle geschaffen worden. Dabei spiele es keine Rolle, dass der beklagte Auftraggeber den Handwerker, für dessen fehlerhaftes Verhalten er nun haften muss, sorgfältig ausgewählt habe.
„Der nachbarrechtliche Entschädigungsanspruch führt zu einer Gefährdungshaftung zwischen Nachbarn“, kritisiert Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz, Notar in Regen und Zwiesel. Doch was kann man tun, um nicht zu riskieren, für einen etwaigen Fehler eines beauftragten Handwerkes zur Verantwortung gezogen zu werden? „Ähnlich wie im Straßenverkehr, wo eine Versicherungspflicht besteht, sollte sich der Eigentümer vom Handwerker eine diesbezügliche Versicherung nachweisen lassen oder sich selbst entsprechend versichern“, rät Prof. Dr. Dr. Grziwotz.
Schwierige Reparaturen in Eigenregie auszuführen, ist allerdings keine Alternative, denn: „Nachdem der BGH eine Haftung des Grundstückseigentümers bei Beauftragung eines Handwerkers bejaht, besteht erst recht eine Haftung, wenn der Eigentümer selbst mit dem Schweißgerät in seiner Freizeit zugange ist“, warnt der Notar. Gleiches gilt natürlich, wenn er einen Schwarzarbeiter beschäftigt, der nicht über die erforderliche Qualifikation verfügt.
Quellen: lto.de (Legal Tribune Online), tagesschau. de, detektor.fm, anwalt.de, zeit.de, procontraonline.de, spiegel.de, anwalt.de, juracademy.de